Arbeitskreis Streuobstwiesen Hildesheim

Streuobstwiesen 1x1

Streuobstwiesen: wieso, welshalb, warum?

Was sind "Streuobstwiesen"?

Streuobstwiesen sind Wiesen mit verstreut stehenden, hochstämmigen Obstbäumen unterschiedlichster und älterer Sorten, die nicht mit Pestiziden behandelt werden, deren Boden nicht gedüngt wird. Streuobstwiesen gehören damit zu den artenreichsten Lebensräumen unserer Kulturlandschaft und sind ein wichtiger Lebensraum für Pflanzen und Tiere.

Warum sollten wir Streuobstwiesen erhalten?

Auf ihnen kann man oft alte und regionale Obstsorten finden, die meistens besonders saftig und aromatisch sind. Das Obst ist sehr gesund: Es enthält besonders viele Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Da Düngung und chemischer Pflanzenschutz sowie lange Transportwege wegfallen, wird die Umwelt geschont und die Artenvielfalt erhöht. Der Erhalt und Ausbau von Streuobstwiesen ist aktiver Natur- und Umweltschutz.

Warum sollten wir die Streuobstwiesen in unserer Region, im Landkreis Hildesheim, erhalten?

Streuobstwiesen bereichern und verschönern das Hildesheimer Landschaftsbild. Sie sind fester Bestandteil der Landschaftsgestaltung und bilden eine u.a. eine Orientierungshilfe in der Landschaft. Über Jahrhunderte hinweg entstanden regionale Obstsorten, die für die unterschiedlichsten Anwendungen auf den regionalen Böden und für das regionale Wetter gezüchtet wurden: zum Lagern, Einkochen, Backen, Trocknen. Sie sollten nicht verloren gehen.

Was ist eine "Nicht-Streuobstwiese"?

Auf Ertrag ausgerichtete Obstbaumplantagen pflanzen nur wenige Sorten an. Der Einsatz von chemischen Hilfsmitteln für Pflanze, Blüte, Obst und Boden wird im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ausgenutzt. Die Äpfel solcher Sorten sind zur industriellen Verwertung gedacht, haben nur eine bestimmte Geschmacksrichtung und werden industriell gelagert. EU-Regeln, z.B. zur Mindestgröße eines Apfels, sind einzuhalten. Die Bäume werden nicht alt, andere Tiere als die zur Bestäubung notwendigen werden nicht gern gesehen. Man kann von einer Monokultur sprechen.

Was ist die Herausforderung?

Obstbäume auf Streuobstwiesen werden ohne wirtschaftlichen Nutzen betrieben. Sie müssen an auch ungünstigen Stellen (Bodenbeschaffenheit, Hanglage, Schattenlage) wachsen und ohne menschliche Eingriffe (Baumschnitt, Düngung, Schädlingsbekämpfung, Bodenfreiheit) zurecht kommen. Die Anforderungen an die Wurzelunterlage und an die Obstsorte sind daher gerade bei der Robustheit hoch. Neue und auf Wirtschaftlichkeit gezüchtete Obstsorten sind dafür nicht geeignet. Einige der alten Obstsorten kommen in dieser rauen Umgebung gut zurecht.

Schöner Nebeneffekt

Alte Obstsorten bieten ganz nebenbei noch eine geschmackliche Vielfalt, die die heute recht ähnlich schmeckenden Obstsorten nicht mehr haben.

Eigener Garten = Streuobstwiese?

Wer sich bei der Auswahl der Obstsorten zurvor Gedanken macht und die Bewirtschaftung von Baum und Boden ökologisch betreibt, kann sich seine kleine Streuobstwiese vor der eigenen Haustür schaffen. Die gewünschte Obstsorte, die Baumabstände und die Bodenbeschaffenheit geben die Wurzelunterlage vor, auf die die Obstsorte veredelt wurde. Die Obstsorte bestimmt sich aus der gewünschten Geschmacksrichtung und dem gewünschten optischen Erscheinen des Apfels, bzw. aus der notwendigen Robustheit der Pflanze und der späteren Verwendung des Apfels.

Argumente für eine Streuobstwiese

Eine Streuobstwiese ist gute eine Alternative zur reinen Wiese (als Heu-Lieferanten) oder zur landwirtschaftlichen Nutzfläche. Die Streuobstwiese und der kommerzielle Obstanbau im Vergleich (.pdf, 100 kB)

Weiterführende Informationen zu Streuobst

Buchempfehlungen

"Alte Obstsorten neu entdeckt für Niedersachsen – Bremen"

  • Anfang 2014 erschienen
  • Herausgegeben vom Pomologen-Verein Niedersachsen-Bremen
  • Festeinband, 208 Seiten
  • ISBN 987-3-88132-386-4
  • Preis: 19,80 Euro
Zu bestellen über den Pomologen-Verein, bzw. über den Verlag.

"Alte Obstsorten für Südniedersachsen neu entdeckt"

  • 2008 erschienen
  • Herausgegeben vom Landschaftspflegeverband Landkreis Göttingen e.V.
  • 72 Seiten, farbig
  • ISBN -
  • Preis: 5,00 Euro
Zu bestellen über den Pomologen-Verein, bzw. über den Landschaftspflegeverband.

"Nichts wie raus auf die Streuobst-Wiese!: Naturerlebnis-Ideen zum Wahrnehmen, Forschen, Beobachten und Bewegen"

  • 2010 erschienen
  • Angela Klein
  • 96 Seiten, farbig
  • ISBN 978-3834607195
  • Preis: 20,50 Euro
Das Buch ist in der Stadtbibliothek Hildesheim geführt.

"Streuobstbau: Obstwiesen erleben und erhalten"

  • 2011 erschienen
  • Markus Zehnder, Friedrich Weller (Autor)
  • 160 Seiten, farbig
  • ISBN 978-3800176014
  • Preis: 29,90 Euro
Das Buch ist im Buchhandel (in 2. Auflage) erhältlich.

Webportale

Nutzungsmöglichkeiten für Streuobst

Der Nutzen von Streuobstwiesen ist unendlich. Die Artenvielfalt lebt von ihnen. Aber natürlich ist auch das Streuobst selber sehr nützlich und als Lebensmittel nutzbar.

Mostobst - für Säfte - regionale Mostereien

Regionale Mosterei, Lohnmosterei, nehmen Obst aus der Region gerne an. Die Vergütung ist unterschiedlich. Nicht alle bieten dem Obstspender an, auch den Saft des eigenen Obstes zu erhalten, bzw. verlangen dafür eine Mindestmenge. Aus 100 kg Äpfeln werden ca. 70 Liter Apfelsaft gewonnen. Eine Liste von regionalen Mostereien, Keltereien und Annahmestellen für Obst befindet sich - sortiert nach Gemeinden - auf Regionales.

Einlagerung von Obst

Einige heimische Apfelsorten und Birnensorten lassen sich sehr gut im Keller einlagern:

Trockenobst

Das Trocknen (Dörren) von Obst ist eine sehr schonende Konservierung der Herbstspeisen für den Winter. Apfel, Birne, Pflaume, Zwetschge, Weintrauber, aber auch Gemüse, Kräuter und Pilze sind gut zum Dörren geeignet.

Beim Dörren wird dem Obst langsam aber stetig die Feuchtigkeit entzogen. Das Obst liegt in dünne und gleichgroße Stücke geschnitten auf einem Gitterrost. Trockene Luft (= mit geringer rel. Luftfeuchte) umfließt das Obst und nimmt die Feuchtigkeit mit. Warme Luft kann deutlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Eine Dörrtemperatur von 50 bis 60 °C ist optimal. Wer keinen Dörrer (besser solar als elektrisch betrieben) besitzt, kann auch einen Backofen nehmen, muss dann aber die Klappe einen Spalt offen lassen.

Zum Dörren geeignete Apfelsorten sind:

Hersteller elektrisch betriebener Dörrgeräte, Dörrautomaten, Dehydrator, Dörrapparat, Obsttrockner: Andrew James, Bielmeier, Bomann, Clatronic, Domoclip, Excalibur, Ezidri, Hydraflow, Klarstein, Lacor, Lagrange, Melissa, Princess, Riviera, Rosenstein, Rommelsbacher, Rotel, Sedona, Sencor, Severin, Steba, Stöckli, Tauro, TZS, VES electric, Waves, Westfalia. Einen Testbericht findet man bei testberichte.de.

Weitere Links:

Einmachen, Einkochen, Einwecken, Dampfentsaften, Marmelade

Das Erhitzen von Obst als Konservierungsmittel kommt wieder in Mode. Nach Angaben der Firma Weck werden zwischen Juli und September in Deutschland 400.000 Tonnen Obst und 100.000 Tonnen Einkoch- bzw. Gelierzucker verarbeitet, in ca. 1.000.000 Einmachgläsern.

Wein, Likör

Der Weiterverarbeitung zu Leckereien steht nichts im Wege.

Streuobstwiese

Kleiner rechtlicher Hinweis

Grundsätzlich ist vor dem Sammeln und Pflücken von Obst das Einverständnis des Eigentümers des Baumes bzw. des Grundstückes einzuholen. Nur wenn ein Einverständnis vorliegt, macht man sich nicht wegen Diebstahls (§ 248a StGB) strafbar (den milden "Mundraub" gibt es seit 1975 nicht mehr in der deutschen Rechtsprechung. Es gibt einen Mindestwert, ab dem erst automatisch strafrechtlich verfolgt wird, und der liegt über dem Wert eines Apfels. Doch auf Antrag des Eigentümers kann Polizei und Staatsanwaltschaft dennoch aktiv werden).

Steht der Baum auf öffentlichem Gebiet (z.B. am Straßenrand), kann bei der Kommune, im Landkreis oder bei der Stadt ein Einverständnis zum Pflücken und Einsammeln eingeholt werden. Sind Flächen umzäunt oder auf andere Art und Weise deutlich als privat gekennzeichnet, dürfen diese nicht ohne Erlaubnis betreten werden. Wer dies tut, begeht Hausfriedensbruch.

Fallobst gehört dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Fallobst liegt. Über die Grundstücksgrenze hängende Äste gehören noch dem Baum-Eigentümer.

Allmende (Gemeingüter) bezeichnet Flächen im Gemeinschaftsbesitz. Das bedeutet nicht, dass Gemeingüter (und damit die Bäume und das Obst auf ihnen) ohne Eigentümer sind.

Ganz kleine Obstkunde, Obstbaumkunde, Pomologie

Der "Baumwart" und der "Pomologe" kümmern sich um die Pflege von Bäumen zum Zwecke der Fruchternte.

Checkliste: die ersten Schritte

Die Entscheidung für eine eigene Streuobstwiese steht im Raum? Eine kleine Checkliste weist auf wichtige organisatorische und finanzielle Aspekte für die Pflanzung und den Betrieb einer Streuobstwiese hin.

Einmaliger Aufwand (unabhängig von der Größe der Streuobstwiese)

Jährlicher Aufwand (steigt linear mit Anzahl der Bäume)

Streuobstwiesen-Besitzer brauchen einen langen Atem. Bis zu den ersten obstreichen Ernten vergehen einige Jahre der reinen Pflege. Mit dem Alter der Bäume wird der Pflegeaufwand nicht weniger.

Geeigneter Termin für eine Mahd

Als einfache Antwort kann man nur sagen: es kommt darauf an. Und zwar auf das, was sich an Flora und Fauna auf der Wiese findet und was man mit einer Streuobstwiese vorhabt. Wenn es darum geht, Brombeeren zurückzudrängen, wird man sicherlich mehrmals im Jahr mähen müssen. Ansonsten reicht eine Mahd im Sommer und dann vielleicht ein Räumschnitt im Herbst. Falls es Wiesenbrüter gibt oder vielleicht sogar Rehkitze. sollte man natürlich warten bis die Jungen "ausgeflogen" sind. Als Versuch einer allgemeinen Regel kann man sagen, dass man mit einem Schnitt im Sommer (Juli, August, frühestens ab 15. Juni) nicht allzu viel falsch machen kann. Die Samenreife bei den einjährigen Kräutern sollte dann erreicht sein.
Was das Mähen selbst anbelangt, sollte die zu mähende Fläche von innen nach außen oder von einer Seite zur anderen bearbeitet werden, um den Tieren eine Fluchtmöglichkeit zu lassen. Gut wäre eine sog. Mosaikmahd, d.h große Flächen könnten gestaffelt im Abstand von zwei bis drei Wochen gemäht werden, damit Rückzugsflächen erhalten bleiben. Besonders zum Schutz von Insekten hat sich das Mähen in Streifen – jährlich abwechselnd bewährt. Am schonendsten ist die Mahd mit der Sense, gefolgt vom Balkenmäher. Kreisel- und Mulchmäher schreddern zu viel wertvolles Leben auf der Wiese.

Die Nutzung von Obst, Heu, Holz und der Wiese selber

Die Wiese

Das Obst

Das Heu

Der Einsatz von Schafen, Kühen oder Ziegen auf Streuobstwiesen

Das Mähen von Wiesen und das Zurückhalten von Wildwuchs ungewünschter "grüner Gäste" auf den Wiesen kann erfolgreich von Vierbeinern übernommen werden. Damit dieses Artgerecht und unter Schutz der Bäume passiert, sind einige Punkte zu berücksichtigen. Gern können uns interessierte ansprechen und aus direkter Hand von unseren Tierhaltern Erfahrungen einsammeln.

Das Lagern von Äpfeln

Im Internet finden sich gute Hinweise zum Lagern von Äpfeln über den Winter:

Lagern oder Importieren? Das heutige ganzjährige Obstangebot im Vergleich (.pdf, 100 kB)

Kartierung von Obstbäumen und Streuobstwiesen

Zur Bewahrung der Sorten und Hilfestellung von Pflückbegeisterten haben sich private und institutionelle Initiativen gebildet und halten die Standorte der Bäume in Karten und Verzeichnissen fest:

Aktion des BUND

Der BUND sammelt Standorte von Streuobstwiesen und kartiert diese. Siehe Streuobstwiesen in Niedersachsen Karte. Ein Erfassungsbogen befindet sich zum Download hier (.pdf, 300 kB) (der Link ist repariert, 10/2014).

Aktion des Landkreis Hildesheim

1990 organisierte der Landkreis Hildesheim eine Kartierung von Streuobstwiesen und Obstbäumen im Landkreis. Die Daten liegen auf einzelnen Kartierungsbögen in Papierform vor. Anfang 2015 wurden alle Streuobstwiesen der Zählung aus 1990 neu begutachtet und deren Daten digitalisiert. Sie stehen ab Herbst 2015 zur Verfügung. Wenden Sie sich per E-Mail an uns, falls Sie Interesse an den Daten haben.

Meine Umweltkarte Niedersachsen

Anlässlich der Förderung von Streuobstwiesen durch die BINGO! Umweltstiftung Niedersachsen wurden viele Streuobstwiesen in der Meine Umweltkarte Niedersachsen aufgenommen.

Aktion von Mitgliedern des Arbeitskreises

Privates Engagement sorgt für eine stetige Erfassung von Obstbäumen, Beeren-Gehölz und Nussbäumen im Landkreis Hildesheim. Eine Auswahl der inzwischen rund 600 erfassten Bäume, die auf nicht eingezäunten Wiesen und Straßenrändern stehen, befindet sich hier.

Kartieren in OpenStreetMap

Streuobstwiesen und Obstbaum-Alleen können auf eine einfache Art in OpenStreetMap, der Weltkarte unter freier Lizenz, erfasst und dargestellt werden. In der normalen Ansicht von OpenStreetMap sind die Bäume nur als grüne Punkte gekennzeichnet. Schaltet man zusätzlich die "Ebenen" ein und lässt sich den "Karteninhalt" anzeigen, so sind alle hinterlegten Informationen zu einem Baum nach Anklicken des grünen Punkts sichtbar. Beispiel für einen Apfelbaum:

Wer Interesse hat, sich bei der Kartierung in Openstreetmap zu beteiligen, kann sich gern an den Arbeitskreis wenden.

Bäume in Mundraub.org

Ebenfalls privates Engagement sorgt bundesweit für eine stetige Erfassung von Obstbäumen, Beeren und Nussbäumen auf dem kommerziell betriebenen Webportal Mundraub.org.

Obstwanderwege

Eine weitere Form der "Kartierung" ist die Bereitstellung von Wanderwegen entlang von Obstbeständen. Der Natur-, Landschafts- und Kulturführer Josef Wittmann aus Beratzhausen hat mit dem Webportal www.obstwanderwege.de eine Plattform für Orangerien, Radwege und Wanderwege geschaffen.

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